Woran erkennt man einen erfolgreichen Vortrag? Wenn es zur Pause läutet und niemand unruhig wird. Wenn die Konzentration beibehalten wird, zugehört wird und vor allem viele Fragen gestellt werden. Ja, auch so kann Schule sein! Interessierte Schülerinnen und Schüler, die im Zwiegespräch mit dem Experten die Zeit vergessen. So geschehen am 21.6.2022 beim Vortrag „Leben mit den letzten Jägern und Sammlern“ von Khaled Hakami, Sozialwissenschaftler am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien, der bereits mehrmals mit den Maniq im Süden Thailands gelebt hat.
Die Klasse: 6D. Die organisierende Lehrkraft: Miriam Trappl.
Es gibt heute noch einige wenige Menschengruppen, die als Jäger und Sammler leben – so wie wir das von Steinzeitmenschen gelernt haben. Aber wie ist das Leben von Jägern und Sammlern?
Sie leben in egalitären Gesellschaften in Gruppen von 35 – 55 Personen. Egalitär bedeutet gleichberechtigt. Gleichberechtigte Männer und Frauen, Kinder und Erwachsene. Keine Hierarchie. Kein Eigentum. Gemeinschaftliches Gruppenleben ohne Privatsphäre. Für WIRED people beinahe unlebbar. Wired aus dem Englischen folgendermaßen übersetzt: ausgeflippt, durchgeknallt, schräg, skurril, verschroben. Also können schräge, durchgeknallte Typen nicht gleichberechtigt leben? Es gibt auch eine sozialwissenschaftliche Definition von wired: Western, industrialised, rich, educated, democratic. Es geht also um uns, um uns reiche, industrialisierte, gebildete, demokratische WesteuropäerInnen. Wir Wired People können nicht in egalitären Gesellschaften leben.
Wir arbeiten mindestens 8 Stunden täglich und brauchen Kunst, Religion, Feste oder Sport, Kompetition und Hierarche für unser Wohlbefinden. Jäger und Sammler arbeiten 1-2 Stunden täglich um ihre Lebensbedürfnisse zu stillen. Sie werden rund 60 Jahre alt. Ihre Sprache kennt keine Vergangenheit, Zukunft, Personalpronomen oder Konjunktiv und die Zahlen beschränken sich auf 1, 2, viele. Sie leben im sogenannten Einklang mit der Natur, essen Affen und trinken Affenblut.
Was besser ist? Ich weiß es nicht. Wer ist glücklicher? Ich weiß es nicht. Was normal ist, ist definitiv eine Frage der Zugehörigkeit!
Dorit Smolka